Zur Einführung: Das schweizerische Kartellrecht –
Entstehungsgeschichte, Ziele und ein Überblick über die materiellrechtlichen Bestimmungen des geltenden Kartellgesetzes
lic. iur. Koray Demir, LL.M.(Bern)
Doktorand an der Universität Zürich
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I. Einleitung
Während in anderen Ländern Europas die nach dem ersten Weltkrieg auf hohem Niveau verweilten
Preisverhältnisse im Laufe der Zeit sich zurückbildeten , blieben diese in der Schweiz bestehen und seit dieser Zeit leidet das
Land, auch als „Hochpreisinsel“ bekannt, trotz seiner wirtschaftlichen Stärke an einem vergleichsweise teueren
Lebensstandard. Die Ursachen dieser Differenz ist nach der Auffassung vieler Ökonomen in suboptimalen Rahmenbedingungen des
helvetischen Marktes zu suchen, wobei zu diesem Suboptimum sowohl die öffentlichen als auch die privatwirtschaftlichen Akteure
beitragen. Die öffentliche Hand verschärft bzw. zementiert diese Differenz beispielsweise dadurch, dass sie in manchen
Wirtschaftszweigen, wie etwa in der Landwirtschaft, eine protektionistische Politik verfolgt, die in Abwesenheit des
entsprechenden ausländischen Wettbewerbsdrucks letztendlich zu einer künstlichen Verteuerung des Lebens führt. In diesem
Zusammenhang sind an dieser Stelle auch die vergleichsweise strengeren Umweltschutzmassnahmen, wie etwa Verpackungsvorschriften,
als ein weiteres Beispiel zu nennen, aus denen erhebliche Zusatzkosten entstehen, welche letztlich die Endverbraucher zu tragen
haben.
Im Vergleich zur öffentlichen Hand scheint jedoch der privatwirtschaftliche Einfluss auf das Geschehene grösser zu sein. In
diesem Zusammenhang wird zunächst auffällig, dass die ausländischen Privatunternehmen in ihren Einfuhrverträgen den
schweizerischen Markt von anderen Märkten isoliert behandeln und somit auf dem Markt unangemessen hohe Preise und andere
Geschäftsbedingungen diktieren. Dabei ist auch die Rolle der Generalimporteuere nicht zu übersehen. Darüber hinaus sind die
Verhaltensweisen inländischer Unternehmen aus einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise generell als unorthodox zu
bezeichnen, weil sie sich traditionell unter Dachverbänden vereinigen und ihre Geschäftspolitiken zumeist von diesen
beeinflussen lassen. Gemeint wird dadurch, dass die inländischen Privatunternehmen nicht so wettbewerbswillig sind, wie
erwünscht, und die Wettkämpfe zumeist durch Absprachen oder Parallelverhalten vermeiden.
Im Hinblick auf die oben geschilderte Problematik sieht man bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen des helvetischen Marktes
eine intensivierende Entwicklung der schweizerischen Rechtsordnung. Insbesondere anzumerken ist, dass im Bereich des
Kartellrechts, trotz der auch noch heute andauernden zahlreichen Debatten, eine Verschärfung der Gesetzgebung erfolgt. Um die
Hintergründe dieser Debatten besser einsehen zu können, wäre es von Nutzen, auf einem zweiten Schritt auf die Entwicklung der
Lehre und Gesetzgebung im Bereich des Kartellrechts explizit einzugehen.
II. Entwicklung des schweizerischen Kartellrechts
Die Wettbewerbsstörungen wurden in der Schweiz bis zum Inkrafttreten des ersten Kartellgesetzes
von 1962 angesichts der verfassungsmässigen Handels- und Gewerbefreiheit und auf Grund der allgemeinen Bestimmungen des
Privatrechts, wie etwa des Persönlichkeitsschutzes nach Art. 27 ZGB und der widerrechtlichen oder unsittlichen unerlaubten
Handlung nach Art. 41 OR, ausschliesslich von Zivilgerichten behandelt. Als ein Beispiel aus dieser Zeit ist an dieser Stelle auf
den Fall „Bäcker Vögtlin“ kurz einzugehen:
Den Gegenstand dieses Falles von 1896 bildete ein Beschluss des Bäckerverbandes Brugg. Nach diesem Beschluss, der von seinen
Folgen her auch als eine Vertikalabrede zwischen zwei Horizontalkartellen verschiedener Marktstufen betrachtet werden kann,
forderte der Bäckerverband Brugg die Mitglieder des kantonalen und schweizerischen Bäcker- und Konditorenverbandes sowie die
Müller und Mehlhändler auf, den Bäcker Vögtlin nicht mehr zu beliefern. Infolge dessen verlor der Bäcker Vögtlin viele
seiner Kunden, da er aufgrund ausfallender essentieller Lieferungen seine Produktion nicht mehr aufrechterhalten konnte und dies
führte dazu, dass er in erheblicher Weise finanziell beeinträchtigt wurde. Daher focht er den Beschluss vor Gericht an und erhob
Anspruch auf die Leistung von Schadenersatz. Auf Berufung hin hatte das Bundesgericht diesen Fall zu behandeln. Zwar betrachtete
das Gericht die Kartellbildung nicht als rechtswidrig, wertete jedoch den Beschluss der Nichtbelieferung als einen Verstoss gegen
das Recht auf Schutz der wirtschaftlichen Persönlichkeit und hiess die Klage des Bäckers Vögtlin somit gut. Zur Begründung
dieses Entscheids fuhr das Bundesgericht aus, dass ein persönliches Recht des Einzelnen auf Ausübung seines Gewerbes bestehe und
es Kraft dieses Rechts zulässig sei, die Eingriffe Dritter in die auf den natürlichen Lebensverhältnissen beruhenden
Beziehungen seines Geschäftsverkehrs zu verhindern. Dieser und nachfolgende Leitentscheide der Zivilgerichte und des
Bundesgerichtes brachten eine Praxis hervor, in der die Horizontalabreden, d.h. Kartelle an sich zulässig waren, es sei denn, sie
wirken auf Drittparteien nachteilig aus, und die Vertikalabreden, im Sinne eines Persönlichkeitsschutzes der Marktteilnehmer, nur
in ihrer Kollektivform, d.h. als Ausweitung einer Horizontalabrede in vertikaler Stossrichtung, als kartellrechtlich relevant
betrachtet wurden. Es ist schwierig zu erörtern, ob das Inkrafttreten der Kartellgesetze von 1962 und 1985 an dieser
Vorgehensweise gegen Wettbewerbsbeschränkungen etwas verändert hat.
Das erste Kartellgesetz der Schweiz, das sich auf das von der Eidgenossischen Preisbildungskommission entwickelte Konzept des
möglichen Wettbewerbs stützte, trat 1963 in Kraft. Ausgehend von diesem Konzept wurde im Gesetz auf ein Verbot der
Wettbewerbsstörungen aus historischen, sozialen und soziologischen Gründen verzichtet, wohl aber jedem Wirtschaftsbürger das
Recht auf Aufnahme und Ausübung des Wettbewerbs eingeräumt. Aus diesem Wettbewerbsverständnis, das auch als eine Art
Missbrauchsbekämpfung angesehen werden kann, ergab sich zum damaligen Zeitpunkt auch, dass kein Marktteilnehmer dazu gezwungen
werden könnte, dieses Recht auszuüben. Zudem wurden die Begriffe „Kartell und ähnliche Organisationen“ in folgenden Jahren
in der Praxis und Lehre zum Kartellrecht eng ausgelegt. Darüber hinaus fuhr das Gesetz die sog. Saldomethode ein, wonach alle
Wettbewerbbeschränkungen auch aus ausserwettbewerblichen Gründen gerechtfertigt werden konnten. Zusammenfassend festzulegen ist,
dass das Kartellgesetz von 1962 in vielen Hinsichten als ein harmloses kartellfreundliches Gesetz zur historischen Reminiszenz
herabsank.
Obwohl diese Schwächen des ersten Kartellgesetzes dem Gesetzgeber bekannt war, blieb auch das Kartellgesetz von 1982 beim Muster
seines Vorgängers. Einzig beobachtet man einige Neuerungen in Kompetenzfragen der Kartellkommission und Verschärfungen gegen
Vertikalbeschränkungen. Dabei sind auch andere Bemühungen des Gesetzgebers nicht zu übersehen, den Wettbewerb an sich als
Schutzobjekt anzuerkennen. Es war dennoch schwierig zu erörtern, dass es sich in folgenden Jahren in der Praxis etwas geändert
hat. Mit anderen Worten blieb auch in dieser Zeitära fast alles beim Alten. Die erwünschte Veränderung im Bereich des
Kartellrechts wurde erst durch das Inkrafttreten des Kartellgesetzes von 1995 erreicht.
Im Vergleich zu seinen Vorgängern ist das Kartellgesetz von 1995 Ausdruck eines ordnungspolitischen Umdenkens. So wurde zum
Beispiel eine neue und moderne Terminologie geschafft bzw. übernommen. Das Gesetz spricht in diesem Sinne nicht mehr von
Kartellen oder ähnlichen Organisationen, sondern von Wettbewerbsbeschränkungen, wobei der Wettbewerb als Schutzobjekt anerkannt
wird. Weiterhin wurde eine präventive Fusionskontrolle eingeführt und hat sich die neue Wettbewerbskommission in eine Behörde
mit eigenständigen Verfügungskompetenzen umgewandelt. In dieser Form ist das schweizerische Kartellrecht ein wirksames Mittel
zur Wettbewerbsförderung und -sicherung.
III. Das geltende Kartellgesetz
1. Allgemeines
Die Marktwirtschaft, die heute in meisten Teilen der Welt als Modell zum kollektiven Wohlstand
dient, wird als eine wirtschaftliche Ordnung verstanden, die über Märkte mittels Preismechanismus koordiniert werden.
Übertragen auf die Unternehmensebene bedeutet dies, dass die einzelnen Wirtschaftseinheiten ihre Ziele und Aktivitäten sowie
deren Planung selber bestimmen, ihnen also keine staatliche Lenkungsbehörde Vorschriften machen darf. Das Kernelement dieses
Systems bildet im eigentlichen Sinne die freiwillige, selbständige und eigenverantwortliche Beteiligung der einzelnen Akteure an
einem Wirtschaftsprozess und das gegeneinander Treten derselben auf dem Markt. Anders ausgedrückt steht die
Entscheidungsautonomie und der „freie“ Wettbewerb im Mittelpunkt dieses Systems.
Auch die schweizerische Bundesverfassung bekennt sich zu einer solchen freiheitlichen marktwirtschaftlichen Ordnung und
gewährleistet auf einem ersten Schritt in Art. 27 BV die Wirtschaftsfreiheit und die damit verbundene Entscheidungsautonomie der
einzelnen Wirtschaftseinheiten. Wie wir alle wissen, kann aber eine unbeschränkte Entscheidungsautonomie dazu führen, dass das
zweite Element des Systems, nämlich der Wettbewerb ausser Kraft gesetzt wird. In diesem Sinne ist in jeder marktwirtschaftlichen
Ordnung auch eine Art Überwachungs- bzw. Interventionsmechanismus notwendig, durch den der Wettbewerb vor jeglichen Störungen
geschützt wird. Unter Berücksichtigung dieser Gefahr sieht die schweizerische Bundesverfassung in der Folge in Art. 96 einen
sog. Kartellartikel vor, nach dem der Bund verpflichtet ist, die volkswirtschaftlich oder sozial schädlichen Auswirkungen von
Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern. Somit schafft der Verfassungsgeber einen Ausgleich zwischen der
gewährleisteten Wirtschaftsfreiheit, einschliesslich der Entscheidungsautonomie, und dem Schutz des Wettbewerbs und setzt
zugleich auch die Grenzen zwischen einer staatlichen Intervention in die Wirtschaftsfreiheit und dem Wettbewerbsschutz.
Dementsprechend kann der Staat zum Zwecke des Wettbewerbsschutzes in das Wirtschaftsleben nur dann eingreifen, wenn die Einsetzung
der Entscheidungsautonomie den Wettbewerb in einer volkswirtschaftlich oder sozial schädlichen Weise beeinträchtigt. Daraus
ergibt sich die bedeutendste Einzelheit des schweizerischen Kartellrechts, nämlich eine generelle Missbrauchsaufsicht, nach der
alle Wettbewerbsbeschränkungen zunächst als zulässig gelten, bis ihre volkswirtschaftliche oder soziale Schädlichkeit
rechtskräftig festgestellt worden sind. Dadurch unterscheidet sich die schweizerische Gesetzgebung gegen
Wettbewerbsbeschränkungen von der sog. Verbotsgesetzgebung, die wir in erster Linie aus dem europäischen Recht kennen und nach
der das Gesetz alle Wettbewerbsbeschränkungen grundsätzlich verbietet und gewisse Wettbewerbsbeschränkungen ausnahmsweise
zulässt. Gestützt auf diese verfassungsrechtlichen Grundlagen erliess der Bund die bisherigen Kartellgesetze, darunter auch das
Geltende.
2. Geltungsbereich des Kartellgesetzes
2.1 Persönlicher Geltungsbereich
Gemäss Art. 2 Abs. 1 KG umfasst der persönliche Geltungsbereich des Kartellgesetzes Unternehmen
des privaten und öffentlichen Rechts. Bei der Feststellung des persönlichen Geltungsbereiches des Kartellgesetzes ist somit der
Begriff des Unternehmens ausschlaggebend. Das Kartellgesetz geht hierbei von einem funktionalen, ökonomischen Unternehmensbegriff
aus. In diesem Sinne gilt jede rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Tätigkeit eines Anbieters oder Nachfragers von
Produkten oder Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess als Unternehmen. Dabei ist die Rechts- und Organisationsform des
Unternehmens ohne Belang. Darüber hinaus schliesst der Begriff des Unternehmens Privatpersonen, wie etwa Konsumenten und
Arbeitnehmer , aus.
Das Kartellgesetz ist laut dem klaren Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 auch auf die Handlungen der öffentlichrechtlich organisierten
Unternehmen anwendbar. Jedoch erwies sich die Unterstellung der öffentlichrechtlichen Unternehmen unter das Kartellgesetz,
insbesondere nach dem Fall“ SMA“ (Schweizerische Meteorologische Anstalt, RPW 1999, 415 ff.; BGE 127 II 32 ff.)
problematischer, als man es sich gedacht hatte. Vor diesem Hintergrund ist bei der Klärung der Frage, wann der Staat als
Unternehmen anzusehen ist, auf die folgenden Punkte zu achten: Der Staat ist als Unternehmen anzusehen, wenn er auf dem Markt, im
freien Spiel von Angebot und Nachfrage, wie private Unternehmen Leistungen anbietet und sich nach den privatwirtschaftlichen
Grundsätzen betätigt. Darüber hinaus ist zu beachten, ob die formellgesetzliche Grundlage der öffentlichen Hand eine
staatliche Markt- oder Preisordnung gründet. Schliesslich ist bei dieser Frage auch in Rechnung zu ziehen, ob das
öffentlichrechtlich organisierte Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausgestattet ist.
2.2 Örtlicher Geltungsbereich
Gemäss Art. 2 Abs. 2 ist das Kartellgesetz auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden. Somit lässt sich das schweizerische Kartellgesetz bei der Beurteilung der Frage „örtlicher Geltungsbereich“ vom sog. Auswirkungsprinzip leiten. Demnach können die nationalen Wettbewerbsbehörden die Wettbewerbsstörungen, die ihre Auswirkungen im Inland entfalten, aufgreifen können, selbst wenn sie ausserhalb des Hoheitsgebietes des fraglichen Landes veranlasst werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Auswirkungsprinzip die Anwendung des Kartellgesetzes auf die sog. Exportkartelle ausschliesst. Angesprochen werden damit die Kartelle, die zwar im Inland gebildet werden, ihre Auswirkungen jedoch ausschliesslich im Ausland aufzeigen. Im Vordergrund steht daher die Frage, ob sich eine Handlung im schweizerischen Markt auswirkt.
2.3 Sachlicher Geltungsbereich
Nach Art. 2 Abs. 1 erfasst das schweizerische Kartellgesetz die Unternehmen, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen. Somit stützt sich die helvetische Kartellrechtsordnung auf das klassische Dreisäulensystem, das fast in jeder modernen Kartellrechtsordnung zu beobachten ist. Der sachliche Geltungsbereich wird in der Folge im Gesetz durch die materiellrechtlichen Bestimmungen konkretisiert. Deshalb ist an dieser Stelle auf diese Bestimmungen näher einzugehen.
3. Materiellrechtliche Bestimmungen des Kartellgesetzes
3.1 Unzulässige Wettbewerbsabreden
Gemäss Art. 5 Abs. 1 KG sind die Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen erheblich beeinträchtigen und sich nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen lassen, sowie Abreden, die zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führen sind unzulässig. Dementsprechend erfährt ein Sachverhalt im schweizerischen Kartellrecht die Rechtsfolge der Unzulässigkeit und somit die Nichtigkeit ex tunc , wenn die folgenden Voraussetzungen im Einzelfall kumulativ gegeben sind:
a) Das Bestehen einer Wettbewerbsabrede
Eine Wettbewerbsabrede im Sinne des schweizerischen Kartellgesetzes liegt vor, wenn zwei oder mehr
Unternehmen, unabhängig von ihrer jeweiligen Marktstufe, durch verschiedene Methoden den Wettbewerb zu beschränken bezwecken
oder wenn diese Methoden, auch wenn es nicht gewollt war, zur Beschränkung des Wettbewerbs führen. Zu den genannten Methoden
zählt man die rechtlich erzwingbaren oder nicht erzwingbaren Vereinbarungen sowie die aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen.
Damit ist der Begriff der Wettbewerbsabrede weit gefasst und erfasst viele verschiedene Erscheinungsformen der
Wettbewerbsbeschränkungen, unabhängig von der Form und Richtung.
Unter den rechtlich erzwingbaren Vereinbarungen versteht man in erster Linie die Verträge, die eine Wettbewerbsbeschränkung
bezwecken oder bewirken. Dabei spielt die Form des Vertrages keine Rolle, d.h. der Vertrag kann mündlich, schriftlich oder aber
durch konkludentes Verhalten abgeschlossen worden sein. Darüber hinaus können auch die Beschlüsse von Verbänden, welche für
Mitglieder verbindlich sind, oder die Statuten juristischer Personen unter diesen Begriff subsumiert werden. Unter dem Begriff
„rechtlich nicht erzwingbare Vereinbarung“ versteht man hingegen die Vereinbarungen, die zumeist formlos oder sogar
stillschweigend getroffen werden. Durch diesen Begriff erfasst werden die sog. gentlemens` agreements(auch Frühstückskartelle
genannt), die in der Tat von einem zivilrechtlich unverbindlichen Charakter sind. Solche Vereinbarungen sind jedoch in der
Wirklichkeit wirkungsvoll, weil von Parteien geglaubt wird, dass sie unter ehrenhaften Leuten eingehalten werden. Ãœber diese
Vereinbarungen hinaus erfasst der Begriff der Wettbewerbsabrede schliesslich die sog. aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen.
Eine abgestimmte Verhaltensweise in diesem Sinne ist eine Form der Koordinierung zwischen Unternehmen, die zwar noch nicht bis zum
Abschluss eines Vertrages im eigentlichen Sinne gediehen ist, jedoch bewusst die praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit
Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt. In diesem Sinne fallen zunächst die Empfehlungen unter den Tatbestand der
abgestimmten Verhaltensweise, wenn diese tatsächlich befolgt werden. Im schweizerischen Kartellrecht sind jedoch zwei
Tatbestände vom Begriff der abgestimmten Verhaltensweise zu unterscheiden, nämlich das sog. erlaubte Parallelverhalten und die
sog. erlaubte Preisführerschaft .
b) Bestimmung des Relevanten Marktes
In der Praxis ist es von grosser Bedeutung, dass der relevante Markt genau abgegrenzt wird. Denn anhand dieses Marktes und seiner Daten wird beurteilt, ob eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt oder nicht. Während eine engere Fassung des relevanten Marktes eher zu einer Annahme der Beschränkung führt, kann die weite Fassung der Grenzen des Marktes die Wahrscheinlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung reduzieren. Um die erwünschte Präzision und Genauigkeit zu erreichen, ist der relevante Markt deshalb in sachlicher, örtlicher und ggf. zeitlicher Hinsicht abzugrenzen. Den sachlich relevanten Markt bilden die gleichartigen oder funktionell austauschbaren Waren oder Dienstleistungen. Die Austauschbarkeit bzw. Gleichartigkeit wird aus der Sicht der Marktgegenseite bemessen. Unter Marktgegenseite werden diejenigen Marktteilnehmer verstanden, die in ihren Wahl- oder Ausweichmöglichkeiten beschränkt sind. Nach der Bestimmung des sachlich relevanten Marktes kann der räumlich relevante Markt abgegrenzt werden. Der räumlich relevante Markt umfasst das Gebiet, in welchem die Marktgegenseite die den sachlich relevanten Markt umfassenden Waren oder Dienstleistungen anbietet oder nachfragt. Dabei muss der örtlich relevante Markt nicht unbedingt das schweizerische Territorium umfassen, sondern ist u.U. auch eine globale Betrachtungsweise möglich, sofern die Beschaffung der Substitutionsgüter zumutbar ist oder aber, eine engere Betrachtungsweise, z.B. unter Berücksichtigung der regionalen Präferenzen. Schliesslich ist auch der zeitlich relevante Markt zu bestimmen. Die zeitliche Marktabgrenzung spielt jedoch erst dann eine Rolle, wenn bestimmte Märkte nur saisonal oder nur über kurze Zeit bestehen.
c) Wettbewerbsbeeinträchtigung
Eine Wettbewerbsbeeinträchtigung im Sinne des schweizerischen Kartellgesetzes liegt vor, wenn durch eine Abrede die Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer hinsichtlich eines oder mehrerer Wettbewerbsparameter beschränkt wird. Zu den wichtigsten Wettbewerbsparametern werden die Art der Waren oder Dienstleistungen, Qualität, Quantität, Preis, Geschäftsbedingungen, Absatzkanäle, Bezugquellen, Lieferbereitschaft sowie freie Beschaffung von Produktionsfaktoren gezählt. Wird im Hinblick auf diese Parameter die Handlungsfreiheit eines an der Abrede Beteiligten oder eines durch die Abrede betroffenen Dritten beeinträchtigt, so liegt eine Wettbewerbsbeschränkung vor.
d) Erheblichkeit
Nach der Konzeption des Kartellgesetzes werden nur die erheblichen Wettbewerbsbeschränkungen von
den materiellen Bestimmungen des Gesetzes erfasst. Ãœber einen Umkehrschluss kann somit festgelegt werden, dass die unerheblichen
Beschränkungen vom Gesetz nicht erfasst werden und folglich ohne weiteres zulässig sind. Das Kriterium der Erheblichkeit dient
in diesem Sinne zuerst dazu, dass die Wettbewerbsbehörden sich mit den irrelevanten Ereignissen des Marktes nicht beschäftigen
müssen. Ausserdem spielt der Begriff der Erheblichkeit bei der Beantwortung der Frage eine wichtige Rolle, ob die
Wettbewerbsbeschränkung sich durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen lassen darf oder nicht. Ist die
Wettbewerbsbeschränkung so erheblich, dass man von einer Wettbewerbsbeseitigung sprechen kann, schliesst der Gesetzgeber einen
Rechtfertigungsversuch von vornherein aus. An dieser Stelle auch zu erwähnen, dass sich die Intensität der
Wettbewerbsbeschränkung nach der Lage des aktuellen und potentiellen Wettbewerbs sowie nach der Marktstellung der Marktgegenseite
bemisst.
Der bei der Beurteilung der Unzulässigkeit einer Wettbewerbsbeschränkung im Mittelpunkt stehende Begriff der Erheblichkeit wird
im Gesetz jedoch nicht näher beschrieben. Mit anderen Worten enthält das Gesetz keine Hinweise, von welchen Kriterien ausgehend
eine Wettbewerbsbeschränkung als erheblich eingestuft werden kann. Um diese Lücke zu füllen zieht die Eidgenossische
Wettbewerbskommission in ihrer bisherigen Praxis sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien heran. Bei den qualitativen
Kriterien stehen lediglich die Wettbewerbsparameter im Vordergrund. Die Beeinträchtigung eines einzigen qualitativen Kriteriums,
das auf dem relevanten Markt von Bedeutung ist, kann genügen, die Abrede als erheblich einzustufen(z.B. Auswirkung auf den Preis,
die Menge oder Qualität). Die Erheblichkeit kann sich aber auch aus einer quantitativen Sicht ergeben. Zum Beispiel ist eine
Wettbewerbsabrede als erheblich zu betrachten, wenn die daran beteiligten Unternehmen auf dem relevanten Markt eine gewisse
Grösse der Marktanteile oder des Umsatzes erreichen. Dabei zieht man die Marktdaten in Rechnung, um die Intensität der
Wettbewerbsbeschränkung bemessen zu können. Zur Konkretisierung dieser Erwägungen könnte man kurz auf die Bekanntmachung der
Wettbewerbskommission vom 18. Februar 2002 über die Behandlung vertikaler Abreden eingehen. Nach dieser Bekanntmachung stellen
die Preisbindungen zweiter Hand, gewisse Gebietsabsprachen, unter gewissen Bedingungen die Wettbewerbsverbote usw. rein aus
qualitativer Sicht erhebliche Wettbewerbsbeschränkungen dar. Im Übrigen geht aber die Kommission von einer quantitativen Sicht
aus und betrachtet die Vertikalabreden erst dann als erheblich, wenn die von allen der beteiligten Unternehmen gehaltenen
Marktanteile auf zumindest einem der relevanten Märkten eine Schwelle von 10 % überschreiten.
e) Rechtfertigung durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz
Hat man eine Wettbewerbsbeschränkung als erheblich eingestuft, so ist sie nach schweizerischem Kartellrecht grundsätzlich unzulässig, sofern sie nicht aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt ist(Art. 5 Abs. 1 und 2 KG). Mit anderen Worten ist eine Wettbewerbsabrede, die den wirksamen Wettbewerb zwar beschränkt aber ihn nicht beseitigt, kann sich nach schweizerischem Kartellrecht rechtfertigen lassen und somit der Rechtfolge der Unzulässigkeit entgehen. Dafür muss sie aber die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllen:
- Die Wettbewerbsabrede muss der Verwirklichung eines der in Art. 5 Abs. 2 lit. a KG abschliessend
aufgezählten Effizienzziele dienen(Kostensenkung, Verbesserung der Produkte oder Produktionsverfahren, Förderung der Forschung,
Verbreitung von technischem oder beruflichem Wissen oder rationelle Nutzung von Ressourcen);
- Um eines der oben genannten Ziele zu erreichen, muss die Abrede notwendig sein;
- Die Abrede darf den Beteiligten auf keinem Fall die Möglichkeit der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs eröffnen.
Sind diese drei Voraussetzungen im konkreten Fall gegeben, lässt sich die Wettbewerbsabrede rechtfertigen.
Eine solche Rechtfertigungsmöglichkeit sieht der Gesetzgeber vor, damit die rechtsanwendenden Behörden im konkreten Fall auch
die positiven Wirkungen einer Wettbewerbsbeschränkung berücksichtigen können, die negative Wirkungen derselben kompensieren
oder überkompensieren. Dabei dürfen aber nur die positiven Wirkungen, die sich aus wirtschaftlichen Aspekten ergeben, in
Betracht gezogen werden. Andere Gesichtspunkte, wie etwa kulturelle, können erst im Rahmen einer ausnahmsweisen Zulassung vom
Bundesrat in Frage kommen (vgl. Art. 8 KG).
An dieser Stelle ist schliesslich auf die zweite Voraussetzung der Notwendigkeit einzugehen, denn diese in der Praxis zum
schweizerischen Kartellrecht die Schlüsselrolle zu übernehmen vermag: Das Bestehen eines der im Gesetz erwähnten
Rechtfertigungsgründe allein vermag im Einzelfall die erhebliche Wettbewerbsbeschränkung aus Gründen der wirtschaftlichen
Effizienz nicht zu rechtfertigen. Die Wettbewerbsbeschränkung muss zudem auch notwendig sein. Für die Beantwortung der Frage, ob
eine Wettbewerbsabrede, durch die eines der Effizienzziele erreicht werden soll, notwendig ist, greift der Gesetzgeber auf den vom
allgemeinen Verwaltungsrecht bekannten Grundsatz der Verhältnismässigkeit zurück. Demnach liegt die Notwendigkeit vor, wenn
folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Erstens muss die Abrede zum Erreichen des Effizienzzieles (z.B. der Senkung der
Herstellungskosten) geeignet sein. Das heisst, es darf kein anderes wettbewerbsbeschränkendes Mittel zur Verfügung stehen, das
den Wettbewerb weniger stark beschränken würde. Die Prüfung dieser Voraussetzung erfordert freilich eine sorgfältige
Untersuchung der Alternativen von in der Praxis häufig zu beobachtenden Wettbewerbsbeschränkungen. Zweitens darf die Abrede den
Wettbewerb im Verhältnis zum angestrebten Ziel nicht übermässig einschränken. Gemeint ist damit, dass die durch das
angestrebte Ziel erreichbaren positiven Wirkungen die negativen Wirkungen der ausgewählten Wettbewerbsabrede zumindest
neutralisieren. Werden diese zwei Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt, so liegt die Notwendigkeit vor.
f) Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs
Laut der Botschaft zum geltenden Kartellgesetz verfolgt das Gesetz vor allem das Konzept des sog.
wirksamen Wettbewerbs. Nach diesem Wettbewerbsverständnis ist der Wettbewerb erst dann wirksam, wenn er seine elementaren
Funktionen, wie Koordinations-, Entdeckungs- und Fortschritts-, Allokations- und Preisstabilisierungsfunktion ungestört erfüllen
kann. In diesem Sinne bildet die Verwirklichung des wirksamen Wettbewerbs die oberste Priorität des schweizerischen
Kartellgesetzes und nicht zuletzt aus diesem Grund wird eine Wettbewerbsabrede, die den wirksamen Wettbewerb völlig ausschaltet,
nach schweizerischem Recht nicht mehr geduldet. Vor diesem Hintergrund schliesst der Gesetzgeber einen Rechtfertigungsversuch
durch Art. 5 Abs. 2 KG von vornherein gezielt aus, wenn die Abrede zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führt und erklärt sie
für unzulässig.
Eine Beseitigung wirksamen Wettbewerbs im Sinne des Kartellgesetzes liegt vor, wenn weder der Innen- noch der Aussenwettbewerb
wirksam bleibt. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Beantwortung der Frage, ob trotz der Abrede allenfalls genügender
Innen- und/oder Aussenwettbewerb vorhanden ist. Dabei ist zu prüfen, inwieweit die an der Abrede beteiligten Unternehmen trotz
derselben untereinander noch Wettbewerb betreiben können. Darüber hinaus ist zu beurteilen, welche Stellung die Beteiligten auf
dem relevanten Markt einnehmen und inwiefern die Marktverhältnisse durch die Abrede verändert werden. Kann nach dieser Prüfung
davon ausgegangen werden, dass trotz der Abrede der Restwettbewerb die auf dem relevanten Markt tätigen Unternehmen immerhin dazu
zwingen kann, den Ressourceneinsatz zu optimieren, die Produkte und Produktkapazitäten an die äusseren Bedingungen anzupassen
sowie neue Produkte und Produktionsverfahren zu entwickeln, dann bleibt der Wettbewerb trotz der Abrede immer noch wirksam. Mit
anderen Worten ist es den an der Abrede Beteiligten nicht gelungen, den wirksamen Wettbewerb auszuschalten. An dieser Stelle ist
schliesslich darauf hinzuweisen, dass eine Beseitigung des Innenwettbewerbs für sich allein genommen nicht genügt, wenn auf dem
relevanten Markt immer noch eine genügende Anzahl von Aussenseitern für wirksamen Wettbewerb sorgen kann.
Im Hinblick auf die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs sieht der schweizerische Gesetzgeber letztlich in der Folge in Art. 5 Abs. 3
und Abs. 4 KG Vermutungskaskaden vor, nach denen bei Abreden der horizontalen Gebietsaufteilungen, Preisfestsetzungen und
Mengeneinschränkungen sowie bei vertikalen Preisbindungen zweiter Hand und den Vertriebsverträgen über absoluten Gebietsschutz
von einer Beseitigung auszugehen ist. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Art. 5 Abs. 3 und 4 KG enthalten kein per se
Kartellverbot enthalten, sondern eine gesetzliche Vermutung, dass beim Vorliegen einer der dort umschriebenen Abreden wirksamer
Wettbewerb beseitigt wird. Diese Vermutung ist freilich widerlegbar. Bezüglich der Beweisführungslast hat diese Vermutung je
nach der Art des Verfahrens unterschiedliche Folgen: In einem Zivilverfahren hat z.B. der Kläger als Vermutungsträger lediglich
die Vermutungsbasis, d.h. das Vorliegen der im Gesetz umgeschriebenen Absprache, zu beweisen. Nicht notwendig ist dagegen der
Nachweis, dass die Abrede den Wettbewerb auch tatsächlich beseitigt; dies ist der Inhalt der Vermutungsfolge, die den
vermutungsbelasteten Beklagten trifft. Mit anderen Worten muss der Beklagte nachweisen, dass immer noch wirksamer Restwettbewerb
herrscht, um die Vermutung einer Wettbewerbsbeseitigung umzustossen. Dies kann ihm durch den Nachweis gelingen, dass trotz der
Abrede der Aussenwettbewerb weiter wirksam bleibt. Dem Beklagten steht auch der Nachweis offen, dass der Innenwettbewerb trotz
allem noch funktioniert. In einem Verwaltungsverfahren sind dagegen die Beweise sowohl für die Feststellung des die
Vermutungsbasis begründenden Sachverhaltes als auch für die Widerlegung der Vermutung vom Amtes wegen zu erheben(Aufgrund des im
Verwaltungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes). Demzufolge unterliegen die Beteiligten keiner Beweisführungslast. Dies
bedeutet jedoch nicht, dass sich die Beteiligten beim Versuch der Widerlegung der Vermutung rein passiv verhalten können. Die
Behörde darf von ihnen erwarten, dass sie die ihnen in der Regel bestens bekannten Tatsachen und Argumente rechtzeitig
vorbringen. Die Erfüllung dieser Mitwirkungspflicht ist auch den Beteiligten von Vorteil, weil sie sonst die
Unzulässigkeitsfolge zu tragen haben, wenn der Beweis misslingt, dass die Abrede nicht zu einer Beseitigung des wirksamen
Wettbewerbs führt. Schliesslich ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Widerlegung der Vermutung nicht ohne weiteres
zur Zulässigkeit der Abrede führt. In diesem Fall besteht in der Regel immerhin eine erhebliche Wettbewerbsbeschränkung, die
durch die Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt werden muss.
An dieser Stelle ist zusammenfassend festzuhalten ist, dass das schweizerische Kartellrecht eine Wettbewerbsabrede, d.h. Vertrag,
Beschlüsse, Empfehlungen usw. für unzulässig erklärt, wenn sie den Wettbewerb auf dem relevanten Markt erheblich
beeinträchtigt und sich dabei durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz nicht rechtfertigen lässt. Dabei ist zu beachten,
dass die Rechtsfertigungsmöglichkeit den wettbewerbsbeseitigenden Abreden nicht eingeräumt wird.
3.2 Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
Nach der Regelung der Wettbewerbsabreden in Art. 5 KG befasst sich das schweizerische Kartellgesetz infolge des Dreisäulenprinzips auf einem zweiten Schritt mit den unzulässigen Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen. Diesbezügliche Regelungen finden ihren Platz in Art. 7 des geltenden Kartellgesetzes. Nach Abs. 1 der genannten Bestimmung verhalten sich marktbeherrschende Unternehmen unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen. Ausgehend davon sind im Einzelfall nach den Antworten folgender Fragen zu suchen, um die Unzulässigkeit im Sinne von Art. 7 Abs. 1 KG feststellen zu können:
- ein marktbeherrschendes Unternehmen?
- Verhaltens- oder Verhandlungsweisen von ihm, welche die Wettbewerber in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern
oder aber die Marktgegenseite benachteiligen?
- Missbräuchlichkeit?
Im folgenden ist nun auf die obigen Fragen näher einzugehen.
a) Marktbeherrschung
In Art. 4 Abs. 2 KG wird der Begriff der Marktbeherrschung definiert, der in der Folge im Gesetz
sowohl bei der Durchführung der Verhaltenskontrolle gemäss Art. 7 KG als auch bei der Prüfung von
Unternehmenszusammenschlussvorhaben nach Art. 9 und 10 KG eine wichtige Rolle spielt. Demnach liegt eine Marktbeherrschung vor,
wenn einzelne oder mehrere Unternehmen in der Lage sind, sich auf dem betroffenen Markt gegenüber den anderen Marktteilnehmern in
einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten. Im Lichte dieser Definition sind auf die folgenden Punkte zu achten:
- Beherrscht werden kann ist der Markt, auf dem die fraglichen Unternehmen tätig sind. Deshalb ist, wie bei einer
Wettbewerbsabrede, zunächst der relevante Markt abzugrenzen.
- Der Markt kann durch ein einzelnes Unternehmen allein oder aber durch mehrere Unternehmen zusammen beherrscht werden.
- Als Massstab der Marktbeherrschung dient der Grad der Unabhängigkeit des fraglichen Unternehmens gegenüber den anderen
Marktteilnehmern. Dabei kommen in erster Linie Mitbewerber, Abnehmer und letztlich Verbraucher in Frage.
- Unabhängigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 KG liegt vor, wenn das fragliche Unternehmen, ohne auf andere Marktteilnehmer
Rücksicht nehmen zu müssen, in wichtigen Fragen, wie etwa Preisgestaltung, Wahl des Vertriebsweges, Art und Qualität des
Produktes, selber entscheiden kann.
- Nach Art. 4 Abs. 2 KG ist die Marktbeherrschung nicht nur auf der Anbieter-, sondern auch auf der Nachfrageseite möglich.
b) Behinderung von Mitbewerbern oder Benachteiligung der Marktgegenseite
Nach Art. 7 Abs. 1 KG ist es den marktbeherrschenden Unternehmen untersagt, in einer
missbräuchlichen Weise Behinderungs- und Ausbeutungshandlungen zu praktizieren. Von einer Behinderungspraktik spricht man, wenn
ein marktbeherrschendes Unternehmen sich weigert, anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen oder
anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren oder die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen in einer erheblichen Weise
beeinträchtigt. Als Beispiel zu nennen sind vor allem die Fälle der sog Squeezings , Sperrkäufe , Sperrpatente und Verweigerung
von Patentlizenzen , Ausschliesslichkeitsbindungen und Verdrängungsstrategien .
Von einer Ausbeutungspraktik ist dagegen die Rede, wenn der Marktbeherrscher Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert,
die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ergeben würden oder ungünstigere Entgelte oder sonstige
Geschäftsbedingungen fordert, als sie der Marktbeherrscher selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Lieferanten oder
Abnehmern fordert.
An dieser Stelle ist schliesslich zu erwähnen, dass auch die Generalklausel von Art. 7 Abs. 1 KG dem Schutz des wirksamen
Wettbewerbs dient und in diesem Sinne so interpretiert werden muss, dass sie nicht nur die unmittelbare Behinderung von
Konkurrenten oder Ausbeutung der Marktpartner, sondern auch die mittelbaren schweren Beeinträchtigungen des Wettbewerbs erfasst.
In diesem Sinne kann sich die Regelung von Art. 7 Abs. 1 KG auch auf den sog. Marktstrukturmissbrauch erstrecken, wobei der
Marktbeherrscher seine Stellung durch systematische Ãœbernahmen kleinerer Unternehmen, die nicht unter die
Zusammenschlusskontrolle nach Art. 9-11 KG fallen, derart verstärkt, dass auf dem betroffenen Markt nur noch Unternehmen bleiben,
die in ihrem Verhalten von dem beherrschenden Unternehmen abhängen. Somit wäre der Wettbewerb wesentlich beeinträchtigt, was
letztendlich mittelbar auch zur Behinderung und/oder Ausbeutung von anderen Marktteilnehmern führen könnte.
c) Missbrauch
Als Erstes sollte an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass das schweizerische
Kartellgesetz kraft der Bestimmung von Art. 7 nicht die starke Stellung eines Unternehmens im Markt an sich, sondern nur den
Missbrauch einer solchen Stellung bekämpft und dies zum Zwecke der Aufrechterhaltung eines Systems, in dem der Wettbewerb wirksam
ist und bleibt. In einer freiheitlichen marktwirtschaftlichen Ordnung ist es den Akteuren naturgemäss erlaubt, sich durch eigene
Anstrengung und Innovation zu entwickeln und dadurch eine gewisse Grösse und Stärke zu erlangen. Dies ist unter gewissen
gesamtwirtschaftlichen Aspekten sogar erwünscht, da nur solche Unternehmen bestimmte Forschungsaktivitäten realisieren,
Kostenvorteile und dadurch gesamtwirtschaftliche Effizienzgewinne erzielen und mehr Arbeitsplätze schaffen können. Diese Macht
kann jedoch auch missbraucht werden.
Die Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen werden deshalb gemäss Art. 7 Abs. 1 KG nur dann für unzulässig erklärt,
wenn sie als missbräuchlich eingestuft werden können. Unter welchen Umständen von der Missbräuchlichkeit des Verhaltens eines
marktbeherrschenden Unternehmens auszugehen ist, stösst jedoch auf erhebliche Schwierigkeiten. Denn in einer freiheitlichen
marktwirtschaftlichen Ordnung sollte es auch den marktbeherrschenden Unternehmen gestattet sein, ihre Marktstellung zu behaupten
oder zu verstärken und seinen Wettbewerbern harte Konkurrenz zu machen. Mit anderen Worten legt die Grösse und Stärke eines
Unternehmens und deren Umsetzung im Wirtschaftsgeschehen den Schluss nicht nahe, dass das fragliche Unternehmen für die
nachteiligen Drittwirkungen ohne weiteres die Verantwortung tragen muss. In diesem Sinne fällt es den Wettbewerbsbehörden nicht
immer so einfach, zwischen der unternehmerisch korrekten und missbräuchlichen Umsetzung der Marktmacht zu unterscheiden. Um diese
Schwierigkeiten zu überwinden, wurden einige Kriterien entwickelt, anhand deren die Missbräuchlichkeit festzustellen ist.
Demnach liegt ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung vor, wenn die fragliche Verhaltensweise sich durch sachliche Gründe
nicht rechtfertigen lässt. Als solche sachliche Gründe kommen vor allem die betriebswirtschaftlichen Grundsätze in Betracht, d.
h. der Marktbeherrscher verhält sich beim Wettkampf zulässig, solange es sich von den betriebswirtschaftlichen Grundsätzen
leiten lässt. An dieser Stelle ist anschliessend zu erwähnen, dass im Einzelfall die Missbrauchsabsicht des Marktbeherrschers
nicht nachgewiesen werden muss. Das Vorliegen einer solchen Absicht würde aber die Beurteilung der Verhaltensweise
erleichtern.
Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass der schweizerische Gesetzgeber in der Folge im Gesetz, genau genommen in Art. 7 Abs. 2
KG, in Anlehnung auf das Wettbewerbsrecht der EU einige Beispiele zur Konkretisierung des Missbrauchstatbestandes erwähnt, wie
die Geschäftsverweigerung, Diskriminierung, Erzwingung unangemessener Preise, Preisunterbietung sowie Kopplungsverträge.
Zusammenfassend festzulegen untersagt Art. 7 Abs. 1 KG als Generalklausel die Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen, die mittelbar oder unmittelbar zur Behinderung von Wettbewerbern oder Ausbeutung der Marktgegenseite führen und sich dabei durch sachliche Gründe nicht rechtfertigen lassen.
3.3 Unternehmenszusammenschlüsse
Die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen stellt den dritten und letzten Pfeiler der vom
schweizerischen Kartellgesetz verfolgten Wettbewerbspolitik dar. Zum Zwecke des Schutzes und der Förderung wirksamen Wettbewerbs,
hat sie in diesem Sinne die Aufgabe zu erfüllen, es zu verhindern, dass durch externe Unternehmensexpansion gewisse Markt- bzw.
Unternehmensstrukturen entstehen, die wegen der an die fragliche Expansionsrate geknüpfte Reduzierung der Wettbewerbsintensität
volkswirtschaftlich nicht mehr tolerierbar sind. Daraus folgt, dass die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen sich einzig
mit dem externen Wachstum beschäftigt, d.h. die Strukturänderungen, die durch interne Expansion verursacht werden, fallen nicht
unter die Unternehmenszusammenschlusskontrolle. Vor diesem Hintergrund unterscheidet sich die Kontrolle von
Unternehmenszusammenschlüssen von ersten beiden Pfeilern des Kartellrechts, nämlich unzulässigen Wettbewerbsabreden und dem
Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung, in folgenden Punkten: Erstens wird im Bereich der
Unternehmenszusammenschlusskontrolle nicht mehr ein Verhalten bzw. dessen bereits zu spürenden Auswirkungen auf den Wettbewerb,
sondern eine Struktur bzw. deren Änderung untersucht. Mit anderen Worten wird bei der Kontrolle von
Unternehmenszusammenschlüssen auf die Fragen eingegangen, welche Strukturänderungen der Unternehmenszusammenschluss verursachen
würde, in welchem Mass diese Änderungen eine Reduzierung der Wettbewerbsintensität bewirken würden und ob die Reduzierung der
Wettbewerbsintensität volkswirtschaftlich noch tolerierbar wäre. Bereit aus der Konjunktivformulierung der obigen Erwägungen
ergibt sich der zweite und letzte Unterschied: Die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen zeichnet sich durch die
präventive Wirkung, die sie entfaltet, d.h. es wird kontrolliert, nicht während oder nachdem, sondern bevor die Änderungen
entstehen.
An dieser Stelle ist schliesslich zu erwähnen, dass bei der Beurteilung von Unternehmenszusammenschlüssen im schweizerischen
Kartellrecht neben den gesetzlichen Bestimmungen(Art. 4 Abs. 3, Art. 9-11 und Art. 32-35/37-38 KG) auch die Bestimmungen der
Verordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 17. Juni 1996 (VKU) in Betracht zu ziehen sind. Denn durch
diese Verordnung werden die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Zusammenschlusskontrolle konkretisiert.
3.3.1 Der Begriff des Unternehmenszusammenschlusses
Eine Legaldefinition des Begriffes „Unternehmenszusammenschluss“ findet man in Art. 4 Abs. 3 des schweizerischen Kartellgesetzes. Demnach gilt als Unternehmenszusammenschluss:
- die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
- jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere
Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen
erlangen.(der sog. Kontrollerwerb)
Im Lichte dieser Definition wird zunächst ersichtlich, dass die durch die fragliche Transaktionsform bewirkte Änderung der Kontrolle über ein oder mehrere Unternehmen für die Frage ausschlaggebend ist, ob ein Zusammenschlusstatbestand im Sinne von Art. 4 Abs. 3 KG im Einzelfall vorliegt. Darüber hinaus setzt das Gesetz für den Zusammenschlusstatbestand die Unabhängigkeit der zusammenschliessenden Unternehmen voraus. Der vom Gesetz verwendete Begriff der Unabhängigkeit schliesst hierbei nebst der rechtlichen auch die wirtschaftliche Unabhängigkeit ein. Deshalb fallen die Zusammenschlüsse von Konzernunternehmen unter den Begriff des Unternehmenszusammenschlusses nicht und werden folglich auch nicht von den Bestimmungen des Kartellgesetzes über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen erfasst. Unter diesem Titel sollte man schliesslich die vom Gesetz erwähnten Zusammenschlussarten, nämlich Fusion und Kontrollerwerb, näher erklären.
a) Fusion
Unter dem Begriff der Fusion versteht man die Verschmelzung von zwei oder mehreren bisher voneinander rechtlich und wirtschaftlich unabhängigen Unternehmen zu einem Unternehmen. Dies kann im engeren Sinne durch die sog. Absorption[Art. 3 Abs. 1 lit. a, Fusionsgesetz vom 3. Oktober (FusG)], wobei die eine der an dem Zusammenschluss beteiligten Gesellschaften die andere(n) übernimmt und bestehen bleibt, während die andere(n) Gesellschaft(en) untergeht(en), oder aber durch die sog. Kombination(FusG 3 I b) erfolgt werden. Bei der letzteren handelt es sich um die Vereinigung von zwei oder mehreren Unternehmen in ein neuzugründendes Unternehmen. Nach erfolgter Vereinigung werden die bisherigen Unternehmen aufgelöst. In einem weiteren wirtschaftlichen Sinne könnte der Begriff der Fusion aber auch die folgenden Transaktionsformen erfassen:
- Quasifusion(auch „shares for shares“ genannt): Ein Unternehmen übernimmt die Mehrheit oder
gar sämtliche Anteilsrechte an einem Unternehmen und entschädigt die Aktionäre mit eigenen Aktien. Dabei erfolgt keine
juristische Verschmelzung, d.h. die an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen bleiben bestehen. In diesem Sinne ist sie
vielmehr als eine wirtschaftliche Kontrollübernahme zu verstehen.
- Unechte Fusion: Hierbei überträgt ein Unternehmen seine Aktiven und Passiven als Sacheinlage auf ein anderes Unternehmen und
erhält dafür Bargeld oder Aktien des übernehmenden Unternehmens. Nach erfolgter Übernahme wird das übertragene Unternehmen
liquidiert.
- Umgekehrte Doppelabsorptionsfusion: Dabei gründen die fusionswilligen Unternehmen zunächst gemeinsam eine Tochtergesellschaft.
In der Folge übernimmt diese auf dem Wege der Absorption die Muttergesellschaften.
b) Kontrollerwerb
Ãœber die Fusion hinaus bildet der Kontrollerwerb die zweite Art von Unternehmenszusammenschluss.
Er liegt vor, wenn ein oder mehrere Unternehmen mittelbar oder unmittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher voneinander
unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen. Wichtig ist dabei, dass für die Unternehmen die Möglichkeit besteht,
einen bestimmten Einfluss auf die Tätigkeit anderer Unternehmen auszuüben. Mit welchen Mitteln diese Möglichkeit enthalten
wurde, ist ohne Belang; jedoch nennt der Gesetzgeber zur Konkretisierung die beiden praktisch häufig benutzten Mittel, nämlich
Beteiligungserwerb und Kontrollverträge. Dennoch wäre durchaus denkbar, dass die Unternehmen auch durch Management-,
Gewinnabführungs-, Aktionärbindungsverträge, personelle Verflechtungen oder finanzielle Abhängigkeiten die Kontrolle über das
fragliche Unternehmen zu erlangen.
Um von einem Zusammenschluss im Sinne von KG 4 III b sprechen zu können, braucht es nicht unbedingt die Kontrolle über das ganze
Unternehmen erlangt zu haben. Die Erlangung der Kontrolle über separate Teile des Unternehmens, wie z.B. Forschung- und
Entwicklungsabteilung, gilt als Unternehmenszusammenschluss auch. Endlich ist zu erwähnen, dass die Erhöhung des Grades der
bereits erworbene Kontrolle, z.B. durch den Erwerb von zusätzlichen Aktien, gilt nicht(mehr) als Unternehmenszusammenschluss im
Sinne von KG 4 III b.
c) Vorgänge, die keinen Zusammenschluss bewirken
In Anlehnung auf das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union wird im schweizerischen Kartellrecht angenommen, dass manche Vorgänge, die ihrer Natur nach zwar zu einem Kontrollerwerb führen, aber unter Berücksichtigung deren Dauer und Zweck, vom Zusammenschlusstatbestand auszuklammern sind. Dementsprechend wird ein Zusammenschluss nicht bewirkt,
- wenn Kreditinstitute, sonstige Finanzinstitute oder Versicherungsgesellschaften, deren normale
Tätigkeit Geschäfte und den Handel mit Wertpapieren für eigene oder fremde Rechnung einschliesst, vorübergehend Anteile an
einem Unternehmen zum Zwecke der Veräusserung erwerben. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die genannten Institute und
Gesellschaften die mit den erworbenen Anteilen verbundenen Stimmrechte nur zur Vorbereitung der geplanten Veräusserung ausüben
dürfen und die Veräusserung innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Erwerbs erfolgen muss; diese Frist kann jedoch auf
Antrag verlängert werden, wenn die Erwerber nachweisen, dass die Veräusserung innerhalb der obigen Frist unzumutbar war.
- wenn durch den Staat im Rahmen einer Zwangsvollstreckung die Kontrolle über ein Unternehmen erworben wird.
- wenn die Beteiligungsgesellschaften(die Gesellschaften, deren einziger Zweck darin besteht, Beteiligungen an anderen Unternehmen
zu erwerben sowie die Verwaltung und Verwertung dieser Gesellschaften wahrzunehmen, ohne unmittelbar oder mittelbar in die
Verwaltung der Unternehmen einzugreifen) ihre mit den erworbenen Anteilen verbundenen Stimmrechte nur zur Erhaltung des Wertes der
Investitionen ausüben.
3.3.2 Meldepflicht
Die Vorgänge, die nach Art. 4 Abs. 3 KG als Unternehmenszusammenschluss zu qualifizieren sind,
werden im schweizerischen Kartellrecht erst dann der Zusammenschlusskontrolle unterstellt, wenn die daran beteiligten Unternehmen
bzw. deren im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss erzielte Umsätze die in Art. 9 Abs. 1 KG vorgesehenen Grenzwerte
überschreiten. Dabei werden die Unternehmen zum Zwecke der materiellrechtlichen Prüfung des Zusammenschlussvorhabens dazu
verpflichtet, das die Grenzwerte überschreitende Zusammenschlussvorhaben der Wettbewerbskommission zu melden. Nach Art. 9 VKU ist
die Meldung bei dem Sekretariat der Wettbewerbskommission einzureichen und zwar bei der Fusion durch die fusionierenden gemeinsam,
bei der Erlangung der Kontrolle durch das Unternehmen, welches die Kontrolle erlangt. Diese Meldepflicht ist vor dem Vollzug des
Zusammenschlusses zu erfüllen, d.h. die zusammenschlusswilligen Unternehmen sollen ihr Vorhaben in einem beliebigen Augenblick
zwischen dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts und der Betätigung des Verfügungsgeschäfts melden. In Anlehnung auf das
Auswirkungsprinzip nach Art. 2 Abs.2 KG besteht diese Meldepflicht selbst dann, wenn die beteiligten Unternehmen in der Schweiz
keine physische Niederlassung haben. Anschliessend anzuführen ist, dass bei Zusammenschlüssen, an denen Banken oder
Versicherungsgesellschaften beteiligt sind, nicht die Umsätze derselben, sondern bei Banken die Bruttoerträge, bei
Versicherungsgesellschaften die jährlichen Bruttoprämieneinnahmen in Rechnung zu tragen sind.
Nachdem in Art. 9 Abs. 1 KG der Jahresumsatz des letzten Geschäftsjahres als generelles quantitatives Aufgreifkriterium
festgelegt wurde, schafft Art. 9 Abs. 4 KG für marktbeherrschende Unternehmen, qualifiziert auf die Sonderstellung derselben,
eine besondere Meldepflicht. Demnach ist ein Zusammenschluss, unabhängig von der Höhe der von beteiligten Unternehmen erzielten
Umsätze, immer meldepflichtig, wenn an ihm ein Unternehmen beteiligt ist, für welches eine Marktbeherrschung in einem Verfahren
der schweizerischen Wettbewerbsbehörden rechtskräftig festgestellt worden ist. Diese Meldepflicht besteht freilich nur dann,
wenn der Zusammenschluss den Markt oder einen solchen, der ihm vor- oder nachgelagert oder benachbart ist, betrifft, für den die
Marktbeherrschung festgestellt worden war. Die Meldepflicht nach Art. 9 Abs. 4 enthält keine zeitliche Beschränkung, d.h. sie
würde so lange bestehen bleiben, bis es rechtkräftig festgestellt wird, dass die fragliche marktbeherrschende Stellung nicht
mehr gegeben ist. An dieser Stelle ist schliesslich zu erwähnen, dass so eine qualifizierte Meldepflicht notwendig ist, um
insbesondere zu verhindern, dass die marktbeherrschenden Unternehmen ihnen heranwachsende Konkurrenten übernehmen, bevor diese
die Grenzwerte in Art. 9 Abs. 1 KG erreichen.
3.3.3 Beurteilung von gemeldeten Zusammenschlussvorhaben
In Art. 10 KG sieht der Gesetzgeber zur materiellrechtlichen Beurteilung der nach Art. 9 KG gemeldeten Zusammenschlussvorhaben eine zweistufige Prüfungsordnung vor. Demgemäss ist im schweizerischen Kartellrecht zunächst eine vorläufige Prüfung einzuleiten, wenn eine inhaltlich vollständige Meldung bei der Wettbewerbskommission eingereicht wurde.
a) Vorprüfung
Im Verfahrensstadium der vorläufigen Prüfung untersucht man, ob es dafür Anhaltspunkte gibt,
dass der Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt. Aus der Formulierung „Anhaltspunkte“
ergibt sich gleich, dass die Kommission in dieser Phase keinen stringenten Beweis für die Entstehung oder Verstärkung einer
marktbeherrschenden Stellung erbringen muss. Hierbei genügt es vielmehr, dass einige Tatsachen festgestellt werden konnten, die
zu einer vorläufigen Annahme der Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschende Stellung führen können. Der in Art. 10
Abs. 1 KG erwähnte Begriff der marktbeherrschenden Stellung deckt sich mit der Legaldefinition des Gesetzes, d.h. der
Zusammenschluss sollte dazu führen können, dass zumindest eines der daran beteiligten Unternehmen auf einem Markt als Anbieter
oder Nachfrager sich von anderen Marktteilnehmern im wesentlichen Umfang unabhängig bzw.( im Fall einer Verstärkung der bereits
bestehenden Stellung) unabhängiger verhalten kann. Dies herauszufinden setzt freilich zunächst voraus, dass zuvor der relevante
Markt definiert worden sein muss. An dieser Stelle ist schliesslich zu erwähnen, dass die Wettbewerbskommission in der
Vorprüfungsphase auch die Fragen abgeklärt haben sollte, ob der angemeldete Sachverhalt die Tatbestandsvoraussetzungen des
Zusammenschlussbegriffes tatsächlich erfüllt und die im Gesetz festgelegten Schwellenwerte überschritten werden.
Die Kommission hat nach Art. 32 Abs. 1 KG einen Monat Zeit, um dieses Verfahren abzuschliessen. Das Vorprüfungsverfahren wird wie
folgt abgeschlossen:
- Ergeben sich aus der vorläufigen Prüfung keine Anhaltspunkte für die Begründung oder
Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung, so ist der Zusammenschluss unbedenklich und kann vollzogen werden. Eine
Unbedenklichkeitserklärung kann durch die Wettbewerbskommission ausdrücklich abgegeben werden(Art. 16 Abs. 1 VKU).
- Ergeben sich aus der vorläufigen Prüfung Anhaltspunkte, dass der Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung begründet
oder verstärkt, so beschliesst die Wettbewerbskommission die Durchführung einer Hauptprüfung im Sinne von Art. 33 KG und teilt
dies den am Zusammenschluss beteiligten Parteien mit.
- Läuft die Monatsfrist ungenutzt ab, so bedeutet dies, dass die Hauptprüfung nicht eröffnet wird und der Zusammenschluss
vollzogen werden kann(die sog. Zulassungsfiktion).
- Obwohl es im Kartellgesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist, kann die vorläufige Prüfung auch derart abgeschlossen werden,
dass der Zusammenschluss unter Bedingungen und Auflagen zugelassen wird.
b) Hauptprüfung
Ergeben sich aus einer vorläufigen Prüfung Anhaltspunkte, dass der Zusammenschluss eine
marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, so hat die Wettbewerbskommission das Hauptprüfungsverfahren einzuleiten.
Dieses Verfahren lässt sich weder als ein Genehmigungs- noch als ein Widerspruchsverfahren einstufen. Es enthält Elemente beider
Verfahrensarten: Ein reines Genehmigungsverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass alle Zusammenschlussvorhaben untersagt sind,
bis sie durch rechtskräftige Verfügung der Wettbewerbsbehörde innert Frist bewilligt werden. Demgegenüber spricht man von
einem Widerspruchsverfahren, wenn alle Zusammenschlüsse als zulässig gelten, bis die Wettbewerbsbehörde innert Frist
interveniert. Durch die in Art. 9 KG vorgesehenen Meldepflicht nähert sich die schweizerische Zusammenschlusskontrolle an das
oben geschilderte Genehmigungsverfahren, während die Tatsache- dass der Zusammenschluss ohne ausdrückliche Verfügung vollzogen
werden kann, wenn die gesetzlich festgelegten Frist ungenutzt abläuft- als ein Element des Widerspruchsverfahrens interpretiert
werden kann.
Materiellrechtlich hat die Wettbewerbskommission bei der Hauptprüfung als solchen zunächst die auf Anhaltspunkte gestützte
Annahme der Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung zu bestätigen. Erst danach kann in diesem
Verfahrensstadium über die Zulässigkeit des Zusammenschlussvorhabens beurteilt werden und dies anhand der folgenden sog.
Eingreifskriterien:
- Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung, durch die wirksamer Wettbewerb
beseitigt werden kann(KG 10 II a)- Als positives Eingreifkriterium : Damit ein Zusammenschluss untersagt werden kann, muss der
Zusammenschluss nach Art. 10 Abs. 2 lit. b KG eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer
Wettbewerb beseitigt werden kann. Ausgehend von dieser Bestimmung lässt sich zunächst festlegen, dass der Zusammenschluss eine
marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken muss; nicht aber eine einfache, sondern eine qualifizierte
Marktbeherrschung, die den am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen die Möglichkeit eröffnen könnte, zu verhindern, dass der
Wettbewerb seine zentralen Funktionen, wie Allokation, Anpassung und Innovation, erfüllt. Mit anderen Worten ist ein
Zusammenschluss zu untersagen, wenn es uns im Rahmen einer dynamischen zukunftsorientierten Betrachtungsweise nachzuweisen
gelingt, dass der Vollzug des Zusammenschlusses dazu führen könnte, dass kein nennenswerter Wettbewerbsdruck mehr besteht oder
die Marktgegenseite keine Ausweichmöglichkeiten mehr hat. An dieser Stelle ist schliesslich darauf hinzuweisen, dass der
Zusammenschluss kausal für die fragliche Marktbeherrschung bzw. Strukturveränderung sein muss, d.h. der Zusammenschluss
begründet die marktbeherrschende Stellung, nicht die anderen Faktoren. An einem solchen Kausalzusammenhang fehlt es zum Beispiel
bei sog. Sanierungsfusionen. In solchen Fällen wären die Marktanteile und Ressourcen des sanierungsbedürftigen Unternehmens
auch ohne den Zusammenschluss auf den Übernehmer übergegangen.
- Keine Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse in einem anderen Markt(KG 10 II b): Als negatives Eingreifkriterium enthält
Art. 10 Abs. 2 lit. b KG die ausdrückliche Anweisung an die Wettbewerbsbehörden, bei der Unternehmenszusammenschlusskontrolle
eine Gesamtmarktbetrachtung anzustellen. Denn die Zusammenschlüsse, insbesondere die vertikalen und diagonalen, können auf die
einzelnen betroffenen Märkte unterschiedliche Auswirkungen haben, die so vorteilhaft sein können, dass die Nachteile der
Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem primär betroffenen Markt hingenommen werden können.
Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Zusammenschluss auf einem absterbenden Markt eine beherrschende Stellung begründet,
gleichzeitig jedoch der Wettbewerb auf einem zukunftsträchtigen Markt verstärken wird. Aus diesen Gründen ist ein
Zusammenschluss zuzulassen, wenn er zu einer Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse in einem anderen Markt führt, welche die
Nachteile der Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem relevanten Markt überwiegt. Als Markt in
diesem Sinne kommen in erster Linie die schweizerischen Märkte in Frage. Jedoch könnten auch die Verbesserungen auf
ausländischen Märkten berücksichtigt werden, sofern sie mit Auswirkungen auf die Schweiz sind. Dabei ist schliesslich zu
beachten, dass diese Verbesserungen als Folge des fraglichen Zusammenschlusses auftreten müssen, d.h. der Zusammenschluss muss
für die Verbesserungen kausal sein.
Ãœber diese Kriterien hinaus sollte die Wettbewerbskommission in diesem Verfahrensstadium nach Art. 10 Abs. 4 KG auch die
Marktentwicklung sowie die Stellung der Unternehmen im internationalen Wettbewerb in Betracht ziehen.
Das Hauptprüfungsverfahren als solches hat die Wettbewerbskommission nach Art. 33 Abs. 3 KG innerhalb von vier Monaten
abzuschliessen. Das Verfahren kann auf die folgenden Weisen enden:
- Liegt nach dem Ablauf der Frist von vier Monaten kein Entscheid vor, so gilt der Zusammenschluss
als zugelassen.
- Wird in diesem Verfahrensstadium festgestellt, dass der Zusammenschluss die oben erwähnten Eingreifskriterien erfüllt, so kann
die Wettbewerbskommission ihn untersagen oder mit Bedingungen und Auflagen zulassen, sofern sich die durch den Zusammenschluss
begründete Marktstellung damit neutralisieren lässt.
- Wird in diesem Verfahrensstadium festgestellt, dass der Zusammenschluss die Eingreifskriterien nicht erfüllt, so gilt er als
unbedenklich. Eine solche Unbedenklichkeitserklärung kann ausdrücklich abgegeben werden.
IV. Schlussfolgerungen
Zum Abschluss dieser Arbeit gehen wir zum antiken Rom. In einem Vers in der Komödie „captivi“
von Plautus will der Hauptcharakter der Komödie diejenigen verklagen, die sich verabredet haben, das Leben zu verteuern. Mit
dieser Beschwerde deutete er wohl auf die Kartelle, welche die jeweilige Wettbewerbsintensität durch Absprachen reduziert und
somit eine Verteuerung des Lebens verursacht hatten. Es ist uns leider unbekannt, ob man zum damaligen Zeitpunkt eine solche Klage
mit dieser Begründung tatsächlich erheben hätte können. Jedoch haben die Schweizer von heute zumindest seit dem Inkrafttreten
des Kartellgesetzes von 1995 ein effektives Mittel gegen solche Verteuerungsversuche.
Zur Begründung dieser Effektivitätsannahme könnten die folgenden Punkte angeführt werden: Zum Ersten beruht sich das
schweizerische Kartellrecht auf eine Gesetzgebung, die sich von einer generellen Missbrauchsaufsicht leiten lässt. Unter
Berücksichtigung der Tatsache, dass viele der modernen Kartellrechtsordnungen von einer Verbotsgesetzgebung gegen die
Wettbewerbsbeschränkungen ausgehen, könnte dies vielleicht auf einem ersten Blick als eine Schwäche angesehen werden, jedoch
gesamt betrachtet verschafft diese Missbrauchsaufsicht in vielen Hinsichten Vorteile. Erstens haben die Unternehmen in einer
solchen Kartellrechtsordnung mehr Spielraum, d.h. sie sind handlungsfähiger, weil sie wissen, dass die Wettbewerbsbehörden nicht
intervenieren werden, solange sie sich von betriebs- und wirtschaftswissenschaftlichen Grundsätzen leiten lassen. In dieser Form
stellt so eine Kartellrechtsordnung für die „ehrlichen“ Unternehmen, die in einer strengeren Ordnung erwirtschaften müssen,
eine vernünftige Alternative dar. Darüber hinaus vermeidet so eine Vorgehensweise auch die unendlich zu sein scheinende
Freistellungsprozesse und die offiziell oder inoffizielle Beratungen mit Wettbewerbsbehörden. Dabei denkt der Autor vielmehr an
die Entwicklung des Wettbewerbsrechts Deutschlands und der Europäischen Union und stellt fest, dass sie zunächst ein sehr weit
gefasstes Kartellverbot vorgesehen hatten, das sie aber im Laufe der Zeit durch Tatbestandsreduktionen und wiederum sehr weit
gefassten Gruppenfreistellungsverordnungen verlockert haben. Heute kann in solchen Rechtsordnungen davon gesprochen werden, dass
das Verbot die Ausnahme und die Ausnahmen die Regel darstellen. Aus diesen und weiteren Gründen wird das schweizerische
Kartellrecht als effektiv bezeichnet.
Unter diesem Titel sollten jedoch gerechtigkeitshalber auch die schwächen des schweizerischen Kartellrechts erwähnt werden. In
Bezug auf die Bestimmung über Wettbewerbsabreden lässt sich zunächst festlegen, dass in einer solchen Kartellrechtsordnung
sämtliche Wettbewerbsbeschränkungen grundsätzlich erlaubt sind, bis ihre volkswirtschaftliche oder soziale Schädlichkeit
nachgewiesen wird. Dies bedeutet, dass sich die Eidgenossische Wettbewerbskommission bei einer Untersuchung zumeist mit
wettbewerbstheoretischen Fragen zu beschäftigen hat und die Haltlosigkeit der Argumente der Parteien im Einzelfall immer in einer
befriedigenden Weise darlegen muss. Bei einer Verbotsgesetzgebung haben hingegen die Rechtsanwender in diesem Sinne freiere
Hände. Denn alle Wettbewerbsbeschränkungen von vornherein untersagt sind, gleichgültig wie schädlich sie sind. Dabei ist auch
an die spezifischen Beschränkungsformen zu denken, wie manche Vertikalabreden, deren Schädlichkeit wettbewerbstheoretisch
kurzfristig und auf einem einzigen Marktsegment nicht beobachtet werden kann. Um diese Hindernisse zu überwinden wurden zwar bei
der letzten Revision des Kartellgesetzes ins Gesetz zu Lasten einiger Vertikalabreden neue Vermutungskaskaden der
Wettbewerbsbeseitigung eingeführt. In kommenden Jahren wird sich aber zeigen, ob diese Massnahmen effektiv wirken. Noch heute
wird in der Praxis diesbezüglich dafür plädiert, die genannten Vermutungen sollten durch den Nachweis von Interbrand-Wettbewerb
widerlegt werden können. Dabei wird jedoch übersehen, dass der schweizerische Markt gerade durch solche Abreden abgeschottet
wird. Eine weitere und vielleicht letzte Schwäche findet man in der Kontrolle von Zusammenschlussvorhaben. Dabei wird zunächst
auffällig, dass die umsatzmässige Aufgreifkriterien im Vergleich zu anderen Kartellrechtsordnungen ziemlich grosszügig
ausgestaltet sind. Dies wird damit begründet, dass die Schweiz mit Industrienationen umgeben ist und die einheimischen
Unternehmen mit ausländischen Unternehmen im (zumindest potentiellen)Wettbewerb stehen. Der eigentliche Grund dürfte jedoch
sein, dass niedrigere Aufgreifkriterien in parlamentarischen Beratungen gestrichen worden wären. Darüber hinaus setzt das
schweizerische Kartellgesetz vor, dass die durch den Zusammenschluss veränderte Struktur zur Beseitigung des wirksamen
Wettbewerbs führen soll, damit die Behörde den Zusammenschluss untersagen kann. Dies führt in der Praxis jedoch dazu, dass nur
die Monopolisierungsfälle eingegriffen werden können.
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